ACID N.D. electronic reviews Terz 1993 - 1995

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Brett and Breakfest - klingende Urlaubspostkarten aus Groß-Britannien von fee + n.d.

8/5/95: von LONDON an begleitet die neue pet shop boys unsere reise. im dreierpack serviert sie uns eine bunte melange aus altem und neuem, und doch ist es immer wieder ein wenig wie am ersten tag. diesmal ganz in schwarz mit lustigem wackelbild, auf dem wir abwechselnd neil tennant oder chris lowe in fechtermasken sehen. als vinyl mit schönem begleitheft, darin ein ausführliches gespräch zwischen jon savage und der band zu den einzelnen stücken. gehört in jedes reisegepäck. zu finden unter: pet shop boys, "alternative", parlophone (emi)

8/13/95: wir eilen durch die bochumisierte fußgängerzone der denkbar totesten stadt englands, die uns das trostlose leiden der örtlichen musik verstehen läßt. in der einzigen fish'n'chips bude BRISTOLs blättern wir in alten vergilbten reggae-magazinen + stossen auf keith hudson: hudson spielte in den 60er jahren auf jamaika mit u-roy + dennis alcapone, gründete damals seine ersten labels + hatte auf inbimts mit ken pooth's "old fashioned way" einen no.1 hit. da seine eigenen textlich zu abstrakten produktionen auf jamaika jedoch keine resonanz fanden, siedelte er mitte der 70er nach london über. auf einen geplatzten virgin-deal folgte die zusammenarbeit mit dem kleinen new yorker label joint. dort erschien "brand" als dub-follow-up zu "rasta communication", wurde aber im unterschied zum vorläufer album in groß britannien nicht lizensiert. für kurze zeit nur schwierig als import erhältlich, war es recht schnell vergriffen + damit natürlich legendär + teures sammlerobjekt. die dubs auf "brand" (rerelease auf: pressure sound, efa) orientieren sich stark an den strukturen der ursprünglichen songs. statt eines djs leitet hier ein snare-wirbel alle tracks ein, die für dub überraschend viele - moderat verechoete - vocals enthalten. und auch wenn benachbart king tubby mit seinem einen effektgerät radikaler + fantasievoller umging, kann man von "brand" aus schon eine linie zu rebel mc und über diesen bis hin zu jungle ziehen.

8/14/95: natürlich sind wir nicht den wegweisern nach portishead gefolgt. "weißt du, wo die rosen blühen?" fragen uns balo meets gum (ladomat,pp). in PORLOCK natürlich. in gepflegten britischen vorgärten, die miss marple gehören könnten. wir sitzen in der sonne + trinken zu deepen hanseatischen house-stürmen unseren morning-coffee - weißt du schon, wo die rosen blühen? - und ziehen mit pasties im bauch und der b-seite im ohr leicht melancholisch weiter nach BUDE.

in feuchtem sand und viel zu kaltem wasser lassen uns sensorama mit ihren "nagelbrett" mixen (ladomat, pp) die zeit vergessen. erst tage später werden wir den sonnenbrand spüren.

8/15/95: kurzer stop im surfers-paradise NEWQUAY. brett an brett. dazwischen robert armani. mit "trancematik - the best of..." (acv, pow wow) reitet er zwar glücklicherweise nicht die trancewelle, bietet fleißigen house-bienchen aber auch nichts neues. die ewig gleiche bassdrum zerrt auf cd-länge gewaltig an unseren nerven. das einzig lustige: daß armani credits für "keyboards + drummachine" kriegt und das coverartwork uns mal wieder glauben machen will, wer armani heiße, lebe auch in italien.

DARTMOUTH läßt spannenderes erwarten. der wohnort agatha christies hat sich aber mittlerweile zum beschaulichen altenruhesitz gewandelt. nur noch hier und da in den aufgeräumten regalen der buchläden finden wir spuren ungelöster mordfälle, stets beschallt von derselben langweiligen musik: h-a-l-o lewis würde sich da auch gut machen. "eclipsed" (hypnobeat, indigo) klingt noch müder als die tracks, die sein wire-kumpel colin newman auf crammed rausbringt. breitwand-schwernis auf simplem tanzbein. lfo - leider auch immer mehr schlafmützen - verstehen sich da prächtig mit: ihre eclipsed-remixe stellen wenigstens 97% der vocal schmachterei ab und schluffen so ganz okay vor sich hin. aber wir hätten wohl doch besser gleich zu fripp+eno gegriffen.

den passenden soundtrack zur landscape um EXETER spielen the future sound of london mit ihrem "isdn" projekt (virgin) - jetzt als cd mit wort-und bildchen-beigaben neuveröffentlicht. schlaffe, sanft hingezogene hügel in monochromen farbtönungen, gelegentlich mit einfachen steinmäuerchen, holzzäunen oder buschreihen strukturiert. fripp mit dabei und ein 23skidoo richtens dann schon, wenn's gar zu schräg zu werden droht. weltambient, esotriphop und meditations-stills. der versuch der radikalität im live-und-unkontrolliert-im-radio-spielen vs rock'n'roll + industrie, scheitert dann zum ersten in den kruden subversives-medium-radio (ohne bilwet versteht sich) linernotes und schließlich völlig, wenn man die besten tracks eben doch als cd rausbringt.

8/15/95: spätabends nach WORTHING, wo jazzie b. dank todd terry mit uns übernachten darf. soul 2 soul's aktuelle 12inch "love enuff" (10records, virgin) suhlt sich in fettestem muku-swingbeat unterschiedlichster relaxx-grade, die sich in zeitgemäße erweiterte triphop programme bequem einpassen lassen. der todd-terry remix ist natürlich ein todd-terry remix.

8/16/95: zum schwülen frühstück nach BRIGHTON. josh wink reitet hier die charts mit size 9's "i'm ready" (ovum, virgin), der weitesgehend jugendfreien version von lil louis'"french kiss". ein mix schaut mal kurz im geiste bei schonwieder todd terry (triphopend für boogie down productions) vorbei. im anderen pitcht + stuzt dj misrah den track dann auf eurotrancenorm zurecht. der tunnel rückt näher.

8/17/95: letzte station HASTINGS. uneigentliche architektur, verfallene burgmauern, abgeblätterte farben + geschlossene baulücken. wir trinken italienischen cappucchino + geben uns die overdose chips with vinegar. kein trinkwasser, aber walker-crisps + cadburry caramel-riegel. schußscharten, ein heruntergekommenes spielcasino + verlassene reederei-gebäude. von see her tragen die möven leise klingend musik. untermalung für familienchroniken, die vom krieg erzählen. zappeliges gewimmer + grillengezirpe. weitergeknüpfte goblin-teppiche + schwere abgelöste wandgemälde hängen vom kai. das schiff "the virtual language" (acv, pow wow) des großen italienischen surrealisten leo anibaldi hat im hafen angelegt.

wir nehmen dann natürlich auch die fähre. 10 1995

 


sensorama: welcome insel (ladomat)


weiterfahren auf bundesrepublikanischen autobahnen. quer durchs land von norden nach süden. boxenstops an rastplätzen, fernfahrerschlaf, hinterm steuer sitzend die arme runterhängen lassen, nach einer stunde schmerzt das blut in den fingern, und weiter gehts. electro-tunnel zwischen mainz + frankfurt. die bundesbahnlinie kreuzt unsere kraftfahrtstraße. peter thomas steht verzweifelt winkend an einem verspiegelten fenster - eingeschlossen in ein ice-abteil. vox sendet zeitgleich dazu auf unserem armband-fernseher einen unsynchronisierten giallo. heidelberg ist chicago, detroit mit seinen basf-werken liegt direkt nebenan. wir schalten rauf in den fünften gang. mittlere warp-geschwindigkeit. reifenpanne. der gelbe engel muß her. ein adac verkehrswacht-hubscrauber landet, michael rother hievt uns ins cockpit. statt an staumeldungen ist er nur am rätselflug interessiert. wir fliegen über den harz, könnte aber auch der schwarzwald sein. landen irgendwo, legen unseren hut ab und nennen es zuhouse. 10 1995

 


u can dance azit n.d. -> ..., dann kann ich auch gleich bei der 1 bleiben. 5

wer noch nie eine gitarre gehört hat, glaubt, daß ihr klang zauberei ist.

super

chicago kann zur zeit ganz gut von der rollenden 70's trash/discowelle profitieren, weil chicago-house sich ja von anfang an primær musikgeschichtlich definierte + in die "black music" tradition einschrieb. auch wenn der detroiter carl craig mit "throw" die disco-hymne des letzten jahres produzierte, war schon im projektnamen "paperclip people" der zb. von derrick may oder auch JUAN ATKINS immer wieder postulierte unterschied zu chicago-tracks weiterformuliert, sich n"mlich nicht ausschließlich in bezug zur geschichte des rhythm & blues sondern zu der der technik {hier gentechnik} + zu den produktionsbedingungen zu setzen. denn, wie atkins einmal sagte, war beispielsweise motown ja auch nichts weiter als eine reine fließband-produktionstætte - wie die ford-werke, nur ohne deren eh viel interessanteren roboter. kein platz fuer einen romantizistischen blick, aber auch nicht fuer populær-medientheorie a la weibel, virilio oder bolz. selbst wenn atkins a.k.a. MODELL 500 1988 das chicagoer "jack your body" als "electronic" nach detroit uebersetzte, weiß er doch genau, daß die maschine, sobald sie eingeschaltet ist, zwar tœne von sich gibt, aber eben auch nicht mehr: "was wirklich zæhlt, ist das, was die leute mit diesem equipment anstellen." + zum richtigen umgang: "widerstand leisten". ------> als letzten monat ingmar im 42 dp seine labelparty feierte, klang nichts zeitgem"ßer wie alte CYBOTRON-tracks, die der dj spinnte. + auch air liquide basteln ja an dieser linie weiter. right on time im derzeitigen electro-hype konnte man zum dj juan atkins zweimal in kœln tanzen + wer da nicht jetzt zu seinem neuen modell 500 album "deep space" {r&s, rtd}: "deep" deutet schon an, daß sein weltraum nicht die unterkuehlte athmosphære wie die von robert hood oder jeff mills hat. er hængt voll mit piepsenden signalen, durchlæssig schwebenden nebeln + sich endlos drehenden spiralen, die stændig auseinanderbrechen, um sich zu neuen konstellationen zusammenfinden. dabei zwirbelt er unterstuetzt von saunderson, aisha jamiel + von oswald die eigene genealogie, basic channel, triphop, dub, jazz + liz-torres-on-kraftwerk in einer lichtdurchfluteten leichtigkeit auf. wærmt at home in elektronischer einsamkeit wie draussen auf der tanzflæche besser als jede clubfashion. kosmos.

in differenz zu fort knox oder der deutschen bank lagert der berliner tresor gold nicht in staatstragender psychose ein, sondern stellt es - diesen + seine bedingungen unterminierend - zur verfuegung. seit ueber 4 jahren als club + seit ueber 3 als label, neben 4 my ears meist nicht so tollen eigenproduktionen mit einer klasse lizensierungspolitik immer auch die gedachte linie detroit-berlin im auge behaltend. auf der aktuellen compilation tresor three {tresor/ novamute} finden sich bekannte + einige neue tracks von 94 bis 95 musikalisch im spannungsfeld zwischen basic channel + waveform transmission. also maurizio's "domina", 2x mills {incl. der "hell ærgere dich nicht" remix}, 2x hood {1x als vision}, baxter, beltram + bell. dazu maerz, auf der ambientseite sun electric + das oswald/fehlmann projekt schizophrenia, das zwar von 2 spricht, aber es schafft im stetigen auflœsen + auf dich prasseln, dein subjekt zuhouse oder beim auschillen wieder kontur gewinnen zu lassen.

als goldgræber auf der superstition-bonanza unterwegs ist stefan bruegesch alias steve bug, der zwischen den trance-und rave-schichten des labels eine zarte club-ader entdeckte. die abgesiebten nuggets packte er auf die compilation raw elements volume one {superstition, efa}: mit dabei natuerlich 4x der bug selbst, der zwar nicht behaupten will, daß gott ihn fonky machte, aber mit hanseatischer gelassenheit, triphop + electro einen groovenden arbeitssieg landet; giannellis sambaschuehchen "clearvoyance", das eine "hnliche athmosphære aufbaut wie eines der schœnsten housestuecke ever -> garniers "acid eifel"; praag/wuttkes basic gravity, die den sonst fuer ihre produktionen so programmatischen titel "esoteric" hier erstaunlicherweise konterkarieren - sich an altem detroit + neuem chicago abarbeitend, wie auch der rest: freakazoid, etwas dreist bei derrick may bedient, closed circuit, max da fly + synful dyme. cd only also nur fuers auto oder zuhouse holen.

more garnier: ludovic navarre, als ex fnac- + jetzt f-communications-engineer fuer den sound dieser produktionen verantwortlich + somit auch maßgeblich an der fortschreibung des læssigen-metropolen-mythos paris beteiligt. sein aktuelles projekt kann natuerlich gar nicht anders als st germain heißen + seine 12" mini-serie nur "boulevard" {1-3, f-communications, rough trade}, was dann folgerichtig rue als street ebenso wie die hardcore-vororte ausklammert. stattdessen œffnet er swingend zwischen 5 uhr morgens leeren plætzen + museen weite ræume in einer zeitlosen popper-eleganz + streift dabei blue notes knapp an der viscositæt von acid jazz vorbei. "easy listening underground house music" sagt der sprecher. kopierladen hintergrund house music sagen n.d. + dj sport. man trægt zuviele gestopfte trompeten, triphop-huetchen, dub-schlappen, versace + - immer wieder gut - gauthier. {12"s 1-3 auch auf einer cd}

neulich auf dem flohmarkt –> da leuchtet ein kerzlein + flackert im wind: schalt doch mal den verzerrer + die dreinulldrei aus. ach, + die achtnullacht gleich mit. da wærmt ein holzscheit: ich hab da neulich bei meinem vater eine platte gefunden... kommt runtergepitscht ganz gut. - zeig'mal - bist du eigentlich aus der kirche ausgetreten? - nee, nur aus dem reli-unterricht, da hab ich donnerstags immer schon um 11 schluß. - he, dann laß uns doch mal diesen bulgarischen frauen-chor anhœren, die spielen irgendwo. - ælterer herr: entschuldigung, haben sie platten von nightingale, ich suche so-richtige-entspannungsmusik! - nightingale nicht, aber nehmen sie doch einfach die hier: entropica - "sonic bloom" {ssr, efa-emotion}, die tuts auch.

ziemlich unbeeindruckt von aktuellen fashion vorgaben, sei es nun post-eightball jazz, italo-austria fusion, electro oder chicago house, zieht marco repetto seine kreise. nicht, daß das alles unbeeinflußend an ihm vorbeifließt, aber er baut schon weiter an seinem eigenen pluckernden universum. nach den arbeiten fuer rephlex + disturbance jetzt auf spacefrogs als bigeneric mit dem album "myriades" {spacefrogs, efa-emotion}. spitze lineare tonfolgen gruppieren sich an + uebereinander. verknuepfen sich in milchkannen + tropfen dann wieder raus auf den kopf. erst die "cracked" {-> terz 6-95}, jetzt repetto - ich hoffe mal, daß spacefrogs weiterhin die fueße unter den superstition-tisch streckt, um den eltern so kræftige tritte vor das schienbein zu verpassen.

wæhrend von oswald juan atkins mastert, sitzt fehlmann direkt nebenan mit orb im studio. paterson, weston, fehlmann + friends zelebrieren diesmal nicht die orb'schen post-mumu-spinnereien-aus-hanfhausen, koppeln sich eher an britische 70er art-rock bands an. bei aller alleine-elektronisch-vor-sich-hin-wurstelei {nichts gegen alleine-elektronisch-vor-sich-hin-wursteln!} die hier natuerlich hœrbar mit drin steckt, habe ich doch oft genug das gefuehl, daß - mehr als bei aktuellen rocksachen, die ich so nebenbei mal mitkriege - auch so was wie "bandmusik", zusammenspiel + improvisation ohne dabei in dogmen, mukkertum oder den vituositætswahn abzugleiten bei den aufnahmen zu "orbus terrarum" {island} eine wichtige rolle spielte. ambient einmal wœrtlicher genommen kartografieren die tracknamen die einzelnen stuecke + trotz præ-kronkolonialistischer cover-topografie verankert ein torry benn {labour party} zitat das album politisch im heute, wæhrend das rahmenproblem dann doch recht drogig {aber auf lsd} gelœst wird.

smile

erst jetzt gefunden {spannendes strategiespiel: finde rough trade platten - außer warp + r&s - in dance-læden} atom heart, mit 5 housigen remixen aus dem letztjæhrigen morphogenic fields album. daß er nichts falsch machen kann, weiß man ja mittlerweile. essentiell fuer tanz-, heu- + chillout-bœden {rough trade}.

neu auf bush miklós kœvári + seine "third floor basement tracks..." {bush 1022}, die vier stuecke lang acid æhnlich locker + souveræn definieren wie die letzten force inc. releases in diesem bereich.

marc almond {ha!} im anzug mit nike-sneakers versucht sich mal wieder im house-schritt. acid tears dub lief damals ja noch in amtlichen h-clubs; die trash-disco stampfer danach auf amtlichen akademie-parties + in amtlichen g-clubs. anstatt mit dave ball + der unterkuehlten stimmung von tenement symphony weiterzuarbeiten, l"ßt er bei "adored & explored" {mercury} david johansen die mundharmonika auspacken + die beatmasters im brit-spaßtrance raven. bei track 2 + 3 muß ihn dann wohl frau humpe, billy idol {a. sherwood} oder sigue sigue sputnik beraten haben, daß jaulende gitarren das kinkieste + sleazieste ever seien. andy meecham's dub-mix plaziert marc dann einfach an der stadtgrenze von bristol.

 kompass-test: fuehrende waschmaschinenherstellerInnen haben entschieden: "east" von der letztjæhrigen gemeinsamen ep von humate + rabbit in the moon wæscht am besten. deswegen sollte der track in 2 remixen {superstition, efa} optimiert werden. humate bastelten hier vor sich hin, rabbit in florida. die einen glauben immer noch an eurotrance, die anderen an ethno-pluralismus. kurz: die mitgelieferte originalversion wæscht immer noch am besten {auf cd noch die anderen drei himmelsrichtungen}.

andreas dorau im sparks-vorprogramm + vergessen, ihn nach pop zu fragen {-> terz 3-95}. naja, noch ist das 1/2 jahr nicht vorbei + außerdem beantwortet er die frage mit jedem release ja selbst. sommerhit ist natuerlich "die sonne scheint" {elektro motor}. nicht mal klaus jankuhn's gerade noch am seppeltechno vorbeiradelnder mix kann dem stueck was anhaben. + sweet reinhard's massive childhood house-version buendelt die ganzen von dorau/eckart/strzoda ausgelegten spuren so gut wie nichts {+ besser als nothing, u understand...}.

maoam mit e versetzt - auf der packung die 2 a's auf den kopf gedreht-, der letzte schrei in spanien. den soundtrack dazu spielen gumgarden auf der "swoop ep" {ladomat 2015, pp}: don't make me wait, but make me wet. die phetten kinder von whirlpool - ist natuerlich nicht ganz richtig. aber schon all n...n...nite long disco dancing.

songs

frankie knuckles + adeva fangen ihr album "welcome to the real world" {virgin} so an, wie die meisten chicago djs ihr set: mit einem kurzen pathetischen beatlosen instrumental. der zweite track hælt die spannung, danach kippt die platte bis auf ein paar kickende sprengsel strictly + henry street richtung swingbeat. tja bei all meiner soul-socialisation ist die croonende diva, die nur einsteigen oder ganz draussen bleiben zul"ßt, gerade gar nicht mein ding. kann dann schon verstehen, warum roy davies jr. r&b nicht mag. also: gute songs, gut produziert, adeva kann eh alles singen, aber frankie knuckles hat mit der gleichnamigen house-legende so gar nichts mehr zu tun. ø die ausgekoppelte 12" "too many fish" (virgin) featured zweimal frankie knuckles - selbst in der "classic frankie version" als master of swingbeat + satoshi tomiie mit einem housemix nicht mal mehr gut fuer weiße hosen ueber westernstiefeltræger. zum club-glueck ist da noch ein gewohnt guter morales mix + ein bobby d'ambrosio dub, der zwischen masters at work + nervous verhandelt, draufgepackt.

steps

regenwaldsterben allenortens. wenn selbst in kœln außer dem back 2 the ragga im rhenania, powpow oder als kneipensound im x-club jungle-events immer œfter immer leerer oder gar nicht mehr stattfinden {bye-bye blood clart}, wie soll es dann erst im ruhrgebiet oder gar hier in dff... aussehen? auch in hh ist drum+bass kaum thema, wahrscheinlich sublimiert ragga + dub einfach besser die unmœgliche liebe zur kælte + feuchte der stadt. also ragga-soundsystems all over hamburg. vorneweg silly walks, dub me ruff + di iries. als letzteren vor einigen monaten ihr studio komplett ausgeræumt wurde, fanden die træume ein jæhes ende. benefizveranstaltungen + spenden sorgten dafuer, daß es weiter gehen konnte. wie zeigt die compilation "sound navigator" (buback, indigo): setting sail for an outernational reggae style meint hier zum einen die verbindung nach england zu alpha & omega, disciples oder den iration steppas, aber eben auch die offenheit von rootsreggae, dub, dancehall bis hin zu jungle alles als spielarten, bezuege + einfluesse zu zulassen. 7 1995

 


u can dance - zwischen lässig, tod und vielleicht.

erste blicke

die neue aphex twin paßt zwar schön in aktuelle klanggemälde, ist aber weit mehr als nur wühltischwechsel -> weg vom trancebient - und die kurvekriegen -> hin richtung triphop. auch wenn ich mit seinen letzten ambientarbeiten wenig anfangen konnte, formulierten die doch schon ein außen richard james', was zuvor so nicht ablesbar war (vgl. raves + classics). das verstärkt und verdeutlicht das doppelalbum "i care because you do" (warp/rtd). also eher arno schmidt, wenn der je pop gehabt hätte oder rolf dieter brinkmann gewesen wäre. mit den ganzen genie und arschloch konnotationen, der mann mit dem fernglas etcetera. das zurückziehen, hier in jungen jahren, um an der verfeinerung der eigenen welt weiter zu bauen, die dann doch weniger geriatrisch tapeziert ist, als daß sie in gängen und kanälen, die manchmal eine seelige triphopigkeit andeuten - jedoch nur um diese strukturen sofort wieder zu zerstören - eine psychogrammatik zeichnet, in die das pfeifen und röcheln richard james asthmatisch-kaputter lunge ebenso gehört, wie der -tja- moment der erhabenheit zur fuchsjagd-blasender cor anglais im letzten track - der dann an coil's todesplatte und böcklins ebensolche insel erinnert. ich sorge mich, weil du es tust: aphex lacht verzweifelt verzerrt moduliert in die frühlingssonne "ich will das liebe wahr wird" doch seine augen denken das 'was immer das heißen mag' gleich mit (d+dd). (ich ziehe alle ausgebrannt-vorwürfe zurück.)

psychogramm bei cracked ist das gewicht, das nach unten zieht - ins reich der nicht auflösbaren kleinsten teile (call it illusionen). dort wohnen pino g., vielleicht bekannt als ambiente mit t-minus 20 sec., und roger c., sicher bekannt von gringo, h.e.a.d., ultrahigh, gizz tv (also arbeiten mit khan, kerosine, jammin unit,...- v.a. auf force inc und blue). die cd "cracked-sexed" (spacefrogs, efa) bebildert das negativland zu richie hawtins letztem plastiktrip. startet schwer und dunkel aber noch offen als basic acid und steigert sich langsam in gefielde rein, die kein mensch zuvor sah -oder besser- sehen wollte. straßen, wo die laternen plötzlich alle ausgehen, um als passantIn von dem zauberwürfel in diese s-m-zwischenbereiche gezogen zu werden. oversexed, mehr egotopic als eggtopic. nur der raum zwischen produktion und veröffentlichung dieser tracks verhindert ein affektives hochschnellen der suizidrate. jetzt im frühjahr hilft sie vielleicht doch, manchen nachhauseweg zu erhellen.

die compilation "global psychedelic trance #1" (spirit zone, e-motion) versammelt tracks der spirit zone-12", die fortführen, was die "united frequencies..."-serie andachte, daß nämlich trance und hardtrance egal, wo immer auf der welt er produziert wird, überall gleich beschissen klingt. nette acid-momente versinken im einheitsbrei. die platte für rainald goetz und "seine" tollen tanith-parties.

ähnliche kiste, als lsg aber doch überraschend nett: oliver lieb mit seiner cd "rendevouz in outer space" (superstition), auf der er einmal quer durch mehr als sein eigenes klanguniversum reist. eine einzige lange zugfahrt zwischen europa endlos und natürlich schon trance-sibirienexpress, aber gespickt mit kleinen details und schönen passagen, wo sogar ich als examinierter trancehasser anknüpfungspunkte finden kann. wie die sweatshirts aus der c&a-mädchenabteilung, die mein bruder als schlaf- und ich als straßenanzug trage.

eher unlässig die erste (es sollen zwei weitere folgen) ausgekoppelte ep "my time is yours" (superstition): die in dieser zusammenstellung vorzieht, das eurotranzende der tracks statt ihre chicago-anteile zu betonen. gut für scharping.

wird vielleicht doch bald mal zeit für einen hunde-schwerpunkt in der terz. über den einfluß des hundes auf das sozialverhalten des menschen, hund als freundin-ersatz oder baby/enkel-surrogat, antizyklisches verhältnis zwischen hund-akumulation und demenz in linken/ selbstbestimmten lebensräumen, etc. könnte ich im kulturteil so schön doppeln: schopenhauer und sein pudel, mann, herr und hund oder eben hund+pop - diesseits der tempo-liste in der vorletzten terz (5 freunde). this month auf michael dogs planet dog -label "transmission to planet dog" (ultimate) ein überblick über die bisherigen bark-releases mit eat static (einmal etwas plumb - da wo baby ford vor 8 jahren war, einmal mittlere pink floyd auf triphop, ->letzte terz), children of the bong (ein bißchen dick aufgetragener ambient zwischen spacefrog und warp mit schön verschachtelten acidpassagen auf breakbeats), timeshard (auch pink floyd, aber soundtrack für barbet schroeder filme, einmal -> children of the bong) und banco de gaia (hier eher finsteres gewickel). vorallem letztere hart an der schmerzgrenze zu buthe-klasse und eifel-bauern, aber noch mit distanz zu tangerine dream, shiny gnomes und sven väth. was da in england wohl noch für ein kraut ranwächst...

"apollo 2 - the divine compilation" (r&s/rtd) ist da - die zweite übersicht von apollo, dem sublabel für eher ruhige elektronische klänge von r&s, zusammengestellt vom r, renaat vandepapeliere. vier platten (resp. 2 cds) lang beweist er ("r&s ist eine vison der welt, basically" fp 4.03) einen recht kompetenten wenn natürlich auch sehr persönlichen blick auf mehr als nur labeleigene produktionen. die über 140 minuten ambient, triphop und listeningmuzik spinnern dabei trotz titel und covergestaltung weniger in esoterischen oder gar goa'schen wolkenheimen herum, als daß sie türen zu räumen aufstossen, in denen es manch'neues zu entdecken gibt, man aber auch immer wieder auf nette, alte (klang-) bekannte trifft. (vielleicht doch noch ein paar namen: locust, t. fehlmann, biosphere, robert leiner, subsurfing, global communications,...)

doch noch was sonne

mike ink 's neue heißt und ist "4 remixe für andreas dorau" (ladomat 2017/pp). was ad hier vom original abfallen ließ, ist erstaunlicherweise seine stimme, also das, gegen was er sich noch im terz-interview verwehrte. soviel zutrauen in mike's kochkünste werden natürlich prompt belohnt: vier vegetarische grooves mit belegter stimme belegt, davon einer an breakbeatfreie detroit-remixe erinnernd, der für beide schönes wetter anzeigt. formal schon lässig.

egoexpress scheint ja leider in den 90ern den lovetrain zu ersetzen (also auch h&m vs c+a). die 4track-ep (ladomat 2014/pp) fängt die damit für paarbildungsstrategen oder -besessene entstehenden ich-bröselungen mit freundlich wärmendem wenn teils auch eigensinnig vertracktem egohouse ab.

lieblingslabel, neu: sounds aus minneapolis, hängt irgendwie mit communiqué zusammen, läßt in detroit pressen und freddy fresh, woody mc bride + esp mischen natürlich auch mit. drei releases für die man schon seine matraze verpfänden sollte. auf der eins demonstrieren innocent + derrik carter analog zu einem teil der britischen breakbeatszene daß jazz und rhythmus nichts mit acid-jazz zu tun haben muß. at last i'm superfree, der einarmige roy ayers und verschoben akzentuierte beats. b/w multireleaser woody mcbride mit schönstem house (sounds 001). steve cinch's 4 track ep (sounds 002) läuft detroitlike von innen nach außen und ist in gemäßigten chicagoern acidgefielden zuhouse. auf dem doppelalbum "neighbors" (sounds 003) läßt esp den raum zwischen tiefstem bass und höchster hihat zum 303. male gekonnt funky werden, bringt deadly budda mit humanbeatbox, breakbeat, sinuswelle und flöte jede sambaschule zum einstürzen, trägt chris satinger schicht auf schicht auf, um ein house in liberalster statik zu bauen, referieren astrocat+kenny s auf whirlpools idee moderner diskomusik (hier aber ohne oldschool diskoreferenz), öffnet fred fresh freundlich die türe und kommt dann doch mit der kreissäge, verbreakbeatet bob fitzgerald unterwasserlandschaften, löst kemm einen wiener walzer im hihatblues auf und trillerpfeifen midphase one ein latino-workout mit oldschool acid. lässig.

bekannt-gewohnt-geliebte qualität von basic channel: auf der octagon/octaedre prasseln kaskaden nieder auf zuerst röhrenfunk, dann auf knochenhouse mit schnalzendem equalizer und nachdenklich den raumöffnenden akkorden (basic channel 7). und die phylypstrak II (basic channel 9) diesmal weit ins dub-feld vorgetrieben, das dann auf der anderen seite von einem sich hart drehenden brennenden sonnenrad zusammengehalten wird.

noch ein bißchen lässiger: kotai's swingende tracks "ring hard/ ring ring" (elektro musik department 2). wo mo die lücken, die sie bei der elektro 1 dj-freundlich offen ließ, mit special effects füllt. (ps: forthcoming neueröffnung des clubs in berlin-mitte!)

die ganzen schönen sähkö-platten liegen in irgendeinem finnischen presswerk und können nicht ausgelöst werden, weil die vertriebe (bis auf a-musik) das label nicht bezahlt haben... jimmy tenor 's "take me baby" erscheint so als lizensierung von a t & b (plastichead). auf tenors aktuellem album eines der schlechteren stücke, ist es remixed das beste, was dir zur zeit passieren kann: 6 geile versionen lang tun die denkbar billigsten sounds als wären sie das heldenhafteste ever. vom lupo-acid bis 80er britwave (ähem: joy division) immer ganz eng dran an supermax. wie sonntägliches radfahren zum housefrühstück in ruperts garten oder die kreisenden hüften cajmeres. kann eigentlich niemand hassen, muß auf jedenfall jeder haben. superlässig. echt.

auch im komischen norden beheimatet, jetzt schweden, ist frac und das label börft records. bisher zu hören auf rund 70 kassetten (laut rrr), einer 7inch und jetzt diese 4track ep. seltene minimalistische underground dancetrips zwischen cheap und sähkö. sollte man suchen.

v 995 (v max recordings) eiert von innen nach außen unter der nadel rum und schlängelt sich dann quer über die fläche den verwirrten tänzerinnen um die ohren. supergut. die flipseite fährt 2mal harttreibende morroder-acid bretter auf. auch nicht von schlechten eltern.

seltsam ist die bodyjazz bodyfunktion (aquarhythm) doppelmaxi mit mixen oder so von rabbit in the moon, carl craig und ether. gut finden würde ich sie, wenn es die neue marc almond wäre - a.k.a. ein kleiner schritt für die menschheit, ein großer für ... aber so? thematisiert irgendwie das sockenproblem, was ich zur zeit habe: noch zu kalt, um ohne aus dem haus zu gehen, aber auch unmöglich mit weißer hose, hellen leinenschuhen und schwarzen socken. aber ich kaufe mir doch keine weißen...

erzähl'nicht (blablabla)

natürlich ist auf chicago tanzen retro. aber wer konnte das schon richtig in den 80ern. im rave-club manchmal. (später sometimes whirlpool.) und hier: hof + münsterstr. war england, ramrod schmusesounds, relax wenigstens acid. und der dj-im/export steckte in den kinderschuhen (okay jefferson mal in köln). meine persönliche chicago-euphorie gründet eh in den 70ern, also schon irgendwie die disco-prägung (nicht: -sozialisation), (...) danach (82ff) pubertäre versuche des erwachsenseins durch soul und r&b-hören. wie zigaretten rauchen. dazwischen aufgrund eines mißverständnisses kraftwerk gekauft und dabei geblieben. sst, shimmy, touch'n'go und das ganze zeugs - bis auf eine hüsker - nicht verstanden, nicht gehört, nicht gekauft... (mehr in: spexbeat, düsseldorf 1996) interessiert keinen? na vielleicht das hier: chicago - das erste album auf radikal fear ist da und natürlich vom chef persönlich: felix da housecat macht mit "metroplis present day? 'thee album'.---.--x-" (radikal fear, pias, rtd) da weiter, wo er mit dem aphrohead-doppelalbum aufhörte. also ein gespannter bogen quer durch die stadt. die katze angelt sich melancholische melodien aus der mit liebeskummer gesättigten lauen frühjahrsluft und bettet die in seine sammlung weicher stringsounds. davor war damals, läßt an larry heard denken, schlägt die brücke nach detroit zu derrick may und ein r&b-stück macht sich auf die suche nach robert owens. felix als symbol-fan blickt in seltsamen effekten auf der stimme und in einer versponnenen ballade auf der elektro-akustischen gitarre durch; sein z.z. heftiges europatouren in einer tranceatlantik-schwimmübung, die deutschland im atom-u-boot abhört. mit understatement wildgepitcht (wie eigentlich alle tracks): "footsteps..." und "trippin..." zwei minimalistische floorkiller auf acid. "metroplis..." setzt - bis auf den titeltrack, der ein wirklich phutureweisendes alptraum-acidschleifen ist - vielleicht keine aufregend neuen standarts, ist aber eine wunderschöne zusammenfassung des house sounds of chicago today voller geschichtlicher bezüge. eben drum könnte es ewig so weiter gehen. und allemal superlässig.

i feel cold inside because of the things you say

renegade soundwave basteln an ähnlichen konstrukten wie die sabres of paradise. also der versuch, ein höchst hybrides klangfeld aus weltgetrommel, sprachfetzen, dubbässen, spacekeyboards und funky bis rocky guitars mit authentizität aufzuladen. sind dabei sehr britisch in ihrer bemühung um street-credibility und -consciousness, wo man auch den einfluß von clash auf diese ganze white-male-anglosaxon neodub-szene nie aus dem auge (hirn und ohr) verlieren sollte. am überzeugendsten sind renegade soundwave auf "the next chapter of dub" (mute, intercord), wenn sie sich so weit wie möglich vom dub von der stange entfernen und dann den weg triphopig durchs ambientminenfeld erkämfen müssen. und das kann natürlich jederzeit in die luft fliegen.

schlußblick in den jungle: grooverider "presents hardstep selection # 1" (kickin records). weiß echt nicht mehr ob mir k-tel bravo jungle compilations lieber sind oder so was hier. grooverider tut hier nämlich auch nicht mehr, als stück an stück zu reihen - die sind natürlich schon okay, aber... will mal hoffen, daß er damit wenigstens seine miete fürs nächste halbe jahr gesichert hat. wer jungle/hc braucht, weiß doch hoffentlich, daß er nach köln oder dortmund fahren sollte. kauft maxis oder radio/livetapes. (azyt over) 6 1995

 


AC/D! Genitiv-Konstruktionen mit AZYT N. D.

"Gehen Sie nach Düsseldorf, ein rheinisches Musikfest  
muß man erlebt haben, um wieder den alten Traum vom
alten Deutschland zu träumen."                                       

(Marlies Smeets zu Gregor Gysi)                                     

 
"The Jack"

Einer der vielen monthly releases von rOY dAVIS jR. (aus der großen Phuture-Familie mit ihren vielen monthly releases) ist das Album "The secret mission" (Power Music Distribution/Import). Titel wie "Power Music", "Luv of the Piano" oder "Music is my Life", Saxofon-Credits und Grüße an (neben Familie + Chicago) Jamiroquai und die Brand New Heavies deuten dann schon auf dem Cover an, daß "The secret mission" nicht Spanky/Cocaine-Phuture-politics ist als vielmehr die Infizierung von Planet X mit Roy Davis Jr.'s Musik. Deepe, kinky, New Yorker Soundvorstellungen atmende Produktionen bilden dabei den Rahmen (auf den Seiten A und D): Große Vocals, die nicht viel mehr wollen als "just let the music take controll/ of your mind, your body and your soul", eine Hommage an Marshall Jeffersons Piano-Style und eben die Saxofon-tracks, die bei einem Teil der D'dorfer Geo-Records Kundschaft sicher nicht nur die Hände feucht werden ließen. Seiten B und C (incl. "Distant Planet"+"Heart Attack" Remixe) zeigen die darke und harte Seite von Mr. Phuture. Chicago Underground Stuff, der auch gut auf Radikal Fear gepaßt hätte. Mörderisch hallende Bassdrums, die nach play at maximum volume in the club schreien. Daß das Prinzip Wild Pitch auf allen tracks Einsatz findet, bedarf wohl keiner besonderen Erwähnung. "If you can't dance to House you're already dead." (Frankie Knuckles)

"Riff Raff"

Hamburg (Ladomat 2012/PP): oNE iN a bILLION s "soulfood e.p." gibt sich in Zürich-Kloten etwas zu selbstgefällig mit Werksounds zufrieden und kommt damit auch noch durch. Drei-Wetter-House, der das bis hierhin von Ladomat vorgelegte Tempo zwar bremst, aber nur um an der Verfeinerung des deepen Seitenstrangs weiter zu arbeiten.

Hamburg (Ladomat 2013/PP): "Back from Wonderland" von sICK iNTELLIGENCE aGENCY klingelt ja erst mal nach Falle: also Platte nach diesem Oberhausen-Rave, Gruppenname nach Rotterdam Gabba. Brettert dann auch los, wie keine Lado before, ist aber ein hibbeliges Gewusel von "Aufschwung Ost"-Plakat gespickt mit schwatzhaftem Acidgeblubber auf Breakbeats. Zu track 3 hin jeweils etwas nachdenklicher, featured die B-Seite Xao-Seffcheque-Scatting und kickt, als hätte N...N...Nervous Jungle-Tekkno erfunden.

Frankfurt (Force Inc.): iAN pOOLEY hat sich mit der Volume 2 von "Twin Gods" dann doch von seinem Traum- und Wunsch-Gottzwillingsbruder Clarke getrennt und reitet leicht sauer alleine vor sich hin. Tut auf dem Floor gute Wirkung, auch wenn es nach einigen Runden etwas zweidimensional in der Auslaufrille hängenbleibt ± ein Pooley kommt selten allein: "Celtic Cross" bügelbrettert alles wieder aus, was "Twin Gods #2" an Falten auf der Stirn zurückließ. Tötet jeden Flur.

München (Disko B): Abe Duque alias kILLIAN greift, nachdem er sich ja schon sowjetrussisch pseudonymisierte (Killian war UdSSR Elektro-Biologie), nun endlich auch zum Nationalgetränk. Der 4-tracker "Vodka, you sweet companion" recorded + produced in Duques Schlafzimmer, läßt mal wieder Schlimmes über die Träume des in Queens lebenden columbianischen Missionarssohns und "österreichischen Botschafters" (Pulsinger) ahnen. Daß die neuen Stücke nicht so brutal experimentell sind wie seine letzten für Tension, tut dem großen Acid-Dancefloor-Entertaining nur gut.

V/F/HH (gunafa/PIAS, IRS): Hybrid ist nicht nur die CD (18.28 min visuals + 55 min music für MAC + PC) von sTATION rOSE sondern auch die in die Silberscheibe eingravierte Musik. "icons, morphs & samples" ist am ehesten noch mit Source-Sachen wie "Yoni" vergleichbar, was die Fülle von Ideechen, Melodiebögen, Modulationen und Klangfarben (vom Steinway in den Orient) bei stetem Beat betrifft; leugnet aber auch nicht seine Wurzeln im 80er (Synthie-)Britpop zwischen Crepuscule, El und Cherry Red. Elisa Rose und Gary Danner gründeten Station Rose 1988 in Wien als Ausstellungs+Arbeitsraum, Büro und Interface, konzentrierten sich nach der üblichen Tour via Ars Electronica, Cyberton, ... und Psychedelic Parties auf das Arbeiten im Netz und richteten sich in Frankfurt aM neu ein. Im aktuellen Rom-Teil morphen sie sich einen Wolf an Einfaltslosigkeit, der sicher alle beeindrucken kann, die noch nie mit entsprechenden Programmen gearbeitet haben. Daß, wer außer leeren Sprachhülsen nichts zu sagen hat oder einen aufgeschnappten McLuhan dahin verdreht "Don't tell us stories but much more much faster!" (falls das wer will: http://www.well.com http://www.gunafa/station_rose.html) auch keine Schwierigkeiten hat mit einem Auftrag, wie dem "österreichischen Ministerium für Wissenschaft und Forschung" Verwertungsstrategien zu liefern, und dennoch ganz schönen Pop macht, das ist schon ein Dilemma.

Hamburg (Container): Für alle, die so um 1975 geboren wurden, wissen, daß Disco die Abkürzung für Discount ist, und Erik D. Clark für das Alter-Ego eines Marvel-Heros halten: 4 Mixe lang m. wINTHROP's "Everybody is going disco crazy". Warnung an alle anderen: dieses Gewässer ist nur wenige Zentimeter tief.

"What's next to the moon"

Hyperium, die Tochter vom traurige-Jungs-mit-Cajal-um-die-Augen-und-zerbrechliche-Mädchen-mit-schweren-schwarzen-Kleidern-Label Hypnobeat, hat ein dickes Kind bekommen: hypnotism. Daß man mit der Anschaffung von tHE bITNIKS "halograms" nichts falsch machen kann, dafür bürgt Mitproduzent atom heart. Die tracks lösen die ersten drei Kraftwerk-Platten in der ästhetik der letzten drei auf und gründen Warp neu! als Acit-Label. Funkister minimalistischer Ambient. Einziger Wermuts-Tropfen: CD only...

release #2 eARCLOUD mit "chlorophile fumes" (hypnotism) ist etwas weniger luftig mit Tendenz zu den "United frequencies..."-Compilations. Recorded in Barcelona weht aber auch hier zumindest der Spirit von atomig herzig. Grüße außerdem an irgendeinen Pete mit der Bitte "fax me the way to the next ambient bar". Wer den weiß: 0911.9337744.

"Bad Boy Boogie"

Taub zugegriffen, weil Pfuture und Carl Craig auf dem Cover gelesen. Anstatt Open und mR. mONDAY. Open das Ministry of Sound Label, Mr. Monday der act, "Future" der track und Carl Craig der Remixer. Das Stück markierte im britischen Summer of Acid'n'Rave den Punkt der ähem... Adaption von Strings und 303 im May'schen Sinne. Der Sinn des Rerelease erschließt sich nur durch die 2 Carl Craig Remixe, der ja als schon mal Derrik May Assistent auch dazu berufen scheint. Er klammert mit Reduktion und Breakbeat trocken und unterkühlt das Euphorische und etwas Billige des tracks aus und führt ihn so zur Magie alter Transmat-Platten.

Da setzt er auch mit der neuen pAPERCLIP pEOPLE an, die bis auf den ähnlich dramatischen Aufbau mit "throw" nicht gemein hat. "The climax" (Open) ist ein Glöckchen-und E-String-Teppich, mit dem man sich in wirklich jedem Club Freunde/Innen machen wird.

Wenn dort nicht gerade wieder dJ sNEAK alle vier Plattenteller mit seinem progressiven Geschichtsunterricht blockiert: auf dem linken die von Acid zu Aphrohead quer durch Chicago chillende "on the sneak tip" (Radical Fear) ± rechts Sphären-Disko mit "Moon Doggy" (Cajual) ± oben die in vier tracks Frankie Knuckles Warehouse-Legende - die mit dem Train on the dancefloor - vom Grab auferstehen lassende "blue funk vol.2" (Relief) ± und unten das Seenplatten-Plastik "Polyester" (Henry Street).

Zonktonk Musik für Nachtmenschen: Scott Kinchen packt mit sTONGO'S dISCO tOOLS (aztonk) wirklich vorwärtsblickenden Discohouse auf die Teller. Einmal so phuckin'hard und zweimal so bongo massive, daß man glauben könnte, E.D.Clark's New Yorker Vetter stünde vor einem.

Mehr Klangverwandschaften: eAT sTATIC haben abgesehen von ihrer Vorliebe für lange Haartracht, den ausgeleierten Wollpullover und das berauschende Kraut auch ähnliche Soundvorstellungen wie der (junge) Aphex Twin - nur daß ihre Instrumente immer wie frischgewaschen klingen. Nach dem Eröffnungsstück "epsylon" ganz in seinem Geiste, setzen sie sich dann auf gleichnamiger 4-track ep (planet dog, ultimate) auf die Fährte von Transglobal Underground und versuchen sich mit Breakbeat, Ragga-Bass und feisten Orientsamples jetzt auch mal im Chartsknacken. Tja...

"Girl's got rhythm"

Fit for fun. Sex als antiseptischer Leistungssport. Flytime-Produktionen sind ja zeitlos schön aber mittlerweile eben auch zeitlos langweilig - wie gemacht für's jungdeutsche Schlafzimmer: "Reich mir doch bitte mal das Sagrotan-Tüchlein rüber." Wenn da nicht Janet Jackson's Stimme wäre. Und auf jANET.rEMIXED (Virgin...) läßt sie sich Mixe da in den Körper schreiben, wo nicht nur ihre Stimme sitzt, sondern gemeinhin auch die Seele vermutet wird. Wie ihr Bruder sich den Swingbeat-Kids verschrieben hat, so entert sie die Clubs (und diese Rubrik) mit New York House. Hinter den Reglern: CJ Mackintosh, Louie Vega, "Dope" Gonzales, David Morales, Frankie Knuckles und E-smoove. Vorallem letzter nahm sich ergebnisorientiert recht despektierlich dem Original an und mixt sich aus dem Windschatten von Big Brother "Silk" Hurley. Der Standart-Stones-Rocker - hier "What'll I do - ruined by Dave Navarro"- tut ja auch niemandem mehr weh und die 4 Balladen am Ende der CD versprechen dann doch ein bißchen Spannung im Ikea-Bett.

"Its a long way to the top - if you wonna rock'n'roll"

Und wenn man das nicht will, erst recht. Nun kann man sich seine Rezeption ja nicht immer aussuchen. Daß hARALD "sACK" zIEGLER zum Beispiel in der März-Cosmopolitan als Slam-Poet gefeatured wird, anstatt endlich mal in der Frontpage als (nein, nicht Octopussy) Raver of the month oder in der House Attack anstelle A. Doraus. Dabei sind doch gerade die "14 Orgelstücke in Original und Effekt-Versionen" auf seinem Album "WSFO - Winzige Stücke für Orgel" (n.Ur.Kult) strenger und catharsis'cher als manch eine Detroit-Produktion. Ziegler ("umstritten" (Gesine-Moritz-Team)), den mit Stockhausen außer der Liebe zu moderner Musik, -Kompositions-+Elektrotechnik und dem Arbeiten an der Aufhebung von U und E auch das Tätigsein für den WDR Köln verbindet, wo er als Partituren-Korrektor anstellig ist, legte seine eigenen Kompositionen zwischen barocker lithurgischer Musik und "Mini Bits für Hörfunk-oder TV-Produktionen" an. Er ließ sie von Axel Fischer an der Orgel der St. Marienkirche/ Hannover einspielen, um sie dann track für track durch seine sprechenden Puppen, Distortion-Röllchen, Flangers, Wahwahs und Delays zu schleifen oder zu besingen. Wenn die Musik uns nicht schon nicht zur Ruhe kommen lassen würde, wäre alleine das Plattencover jede Mark wert. ± Mehr Spaßorientiert ist die EP "CRAZY CLUB Serie" (Stetzer), die er gemeinsam mit Joe Rössler an einer sich auf 33,33 wie auf 45 drehenden Wunderorgel einspielte. Der auf jeder Geschwindigkeit immer hochgepichte Beat plaziert die 3 Stücke - auch wenn davon eines mit "Messer, Gabba" ("Schere, Licht") droht - im enger werdenden Strafraum zwischen Easy und Jungle. ± "Musaick" (Scheißkasten) schließlich ist die 2. Auflage (51-150 vermutlich: -tausend) des Tapes von 1986 und enthält Aufnahmen von 84-86, wo sicher ein Mike Inc. und ein Alec Empire heute geschichtsklitierend behaupten, damals auch so was gemacht zu haben.

Da die vier okayen Düsseldorfer Plattenläden (ich laß die Namen jetzt doch weg, sonst gibt's böse Briefe) trotzdem ziemlich beschränkt (Angebot) sind, empfehle ich öfter mal einen Besuch in der Domstadt (Delirium, Normal,...) oder für die Sack-Sachen: Direkt-Ziegler, Eupener-42, 50933 Köln.

"Beating around the bush"

Irgendwann wird natürlich alles/jedeR irgendwie Verwertbare irgendwo gehyped oder feulletonisiert. Also was soll das Geschrei und Gejammer bei Jungle. Genau in diesem Moment kann sich doch die Substanz beweisen. Und wenn demnächst endlich le Ministre Reinboth seine erste Jungle-Compilation editierten wird, Totally Wired nur noch Breakbeat featured, Lucy Lectric im Drum+Bass-Dub die Charts entert, is da underground doch still alive. Ein bißchen traurig stimmt es aber schon, daß jetzt ausgerechnet zu 4 "Universal Love"-Mixen (Re-Inforced/Selector, e-motion) der wegbereitenden und legendären 4 hERO Gilles Petersons linker Fuß wippen wird und sich denken (der Fuß): hmm, so schlimm ist das mit dem Jungle-Zeugs ja gar nicht. Gut daß das Album vorweg und hier (CD only) "Students of the future" nochmal einiges klar stellt.

nOOKIE 's "The sound of music" (Re-Inforced/Selector, e-motion) trägt stolz den Aufkleber "jungle techno". Und enthält überraschend weniger Happy Hardcore als vielmehr wohltemperierte Easy listening Emo-Breakbeats, wie man sie von Massive erwarten würde, wären die nach ihrem ersten Album Richtung Jungle geschwenkt. Bei weitem mooder als die durchschnittlich 155 bpm vermuten lassen.

Zum tough guy Simpson: Nach seinen E-Floor-Killer "Voodoo Ray" wurde es ja schon mit "Mekanikk" und "FX" eher ruhig um a gUY cALLED gERALD. Daß das so blieb, dafür trug die CBS Sorge. Gerald Simpson gründete sein eigenes Label Juice Box und steht mittlerweile mit Manchester's definition of Jungle und Schützenhilfe von Goldie wieder fett auf dem Parkett. Nach den 12inchs jetzt endlich das seit langem angekündigte Doppelalbum "Black Secret Technology" (Juice Box Records, e-motion). Darauf lichter Breakbeat, höhenverstellbare Bässe, die kein Ragga referieren und sonst auf Jungle-Produktionen ungehörte, neue Sounds (bei A Guy Called Gerald ja üblich), die auch in mellowster Athmospäre den Charme sprödesten hardcore verbreiten. Auf Seite 4 nach "Voodoo Rage", dem Breakbeat-Remix von ... genau, sorgt er sich dann noch um den Rentenplan, wie alt werden im Jungle?, und entert den Street-Soultrain.

"Goodbye & good riddance to bad luck"

Pressure Sounds, ein neues Sublabel von On-U, widmet sich der Wiederveröffentlichung von Reggae und Dub ab den 70ern. Editiert wird die Serie von Sherwood, Holdsworth und Marshall, alles On-U-Kräfte, und dem Reggae Journalisten Penny Reel. Der erste release, die Compilation sANTIC aND fRIENDS "An even harder shade of black" (Pressure Sounds/OnU, EFA) featured frühe Produktionen von Leonard Chin (= Santic). Früh heißt, daß Santic mit 17 seine ersten Jobs hatte. Er arbeitete u.a. mit Horace Andy, Augustus Pablo, King Tubby und Gregory Isaacs zusammen, bevor er in den 70ern nach England über- und sich als Produzent im Loversrock ansiedelte. Auf dieser CD (leider CD only) ist eine Auswahl von 16 Stücken, die alle wirklich "gigantisch" (DJ Sport) sind. Neben einer erfrischend anderen (als On-U) Labelartwork, sollten auch die ausführlichen Linernotes die letzten Zweifler vom Erwerb dieses Albums überzeugen. 05 1995

 


Slip-Hops + Acid-Hosen mit Modeberater acid n.d.

Active Underwear

Aphex Twin Frühzünder, eine geniale Platte nach der anderen + dann plötzlich nur noch banalste Flächen (um nicht Eso-Müll zu sagen). ärger mit der Unsterblichkeit? R&S tut das einzig richtige + rereleast seine ein992er 12inchs Digeridoo, Xylem Tube + Analogue Bubblebath auf "Classics" (R&S/Rough Trade). Auch beim am-Stück-Wiederhören, verstörrend rauhe Elektronik.

"Succour" (Warp/Rough Trade) füllt den Raum, den Seefeel zwischen letzter 12" + letztem Album öffneten. Weich ausgearbeitete Geographien sprechen die schönste Sprache der Welt + verschmelzen mit minimalistischen tracks, wie Reduktionen von Old Wave of BNW, beispielsweise Flying Lizards oder Kissing the Pinks Gehversuche in House. Das Schlagzeug in Fortsetzung des Spiels auf alten Alan Vega Alben versucht die 606, die Stimme eine äolsharfe, die Gitarre, die sich selbst modulierende + transzendierende Breitwand + der Bass ähh... die 303 (? - vor Acid). Wenn sie allerdings wie zwischendurch auf dem Album am Destillieren von Depression, Heroin + Klassik dranbleiben, werden sie wohl bald in die esoterische Abteilung der Geriatrie eingewiesen, Zelle zwischen 4AD + Richard James today.

Da freut man sich auf ein bißchen Musik, legt die CD ein, + was muß man hören? - den reinen Hardware-Diskurs. --- Richtig, die neue Oval ist da. "Diskont" (Mille Plateaux/Efa) könnte ich als Auslotung einer Grenze der elektronischen Musik beschreiben, als schöne Ambient-Digitage aus italienischem Jazzrock, Autounfall im Ringgi+Zoffi-Land + österreichischen Weihnachtsliedern (auf CD natürlich). Zwar weitaus querrer + dis-struktiver als ihre releases zuvor, but it still works als Raum + vor dem Bildschirm. Musik ist Musik ist Musik. + immer politisch. Aber so einfach will es OVAL ja nicht. Sich der Pop-Rezeption entziehen, um den Schein von Aufregung, Diskursivität + Neusein rauszukitzeln; wenn schon Geschichtlichkeit, dann die der Maschine; Verschwindenmachenwollen des Subjekts + trotzdem fällt schlußendlich als Subjekt das Produkt heraus; Hardware-Diskurse führen - nur die Produktionsebene matters; gegen das System arbeiten ohne es zu zerstören. Wer seine Dissidenz soweit kultiviert hat (kaputt(gemacht)e CDs nicht ins Geschäft zurücktragen), kann sich ganz gemütlich in die elektronische Einsamkeit zurücklehen + auf den monatlich eintrudelnden Gema-Scheck warten. Hallo Autorenschaft. (Jaja, ein Gespräch wird demnächst folgen)

Kookaï

Let the sun shine in: SMC Unity "Make it happen" (Mercury) in sechs Remixen für den Frühjahrs-Houseputz. Die Fenster nicht vergessen.

Mark Bell von LFO hat einen Gehörsturz.

Eben noch reingekommen: Das Whirlpool Productions Doppelalbum "Brian de Palma" (Ladomat 2000/ pp sales forces) gespickt mit den Bildern + der Musik, zwischen denen wir (ich zumindest) aufwachsen durften - so wie Kopf + Kinderbeine es imaginieren: Durchsichtige Disko-77-Unterwäsche, Lycra-Strumpfhosen, Sockenhalter, Plateausohlen, Gunther Sachs- + Stern-Modefotografie. Brian de Palma hatte nicht nur tolle Tanzszenen sondern auch John Travolta. + suspense. Auf der A-Seite verorten charmante Housebeats das Biddu-Orchestra in den 95ern; "It happened.." skat sich leichtfüßig durch 10 Jahre H; "Nachtfrost" trailert den Workshop für rhythmische Abstraktheit ; "In the land..." pudelt sich zwischen Disko B, Dave Clarke + Radikal Fear ein; "Sonne München #3" übersetzt den schleppenden Casey/Fynch-Groove in einen auf allen Geschwindigkeiten funktionierenden Boogie-House; "Dizko Club" zeigt die Globalität der Idee einer "primitiven, unwiderstehlichen Tanzmusik" - hätte Nieswandt statt in Brasilien in der Ukraine getanzt, würde dieser Post-Chicago-Independent-track sicher auch nicht anders klingen. Dazu noch die tracks, der in der März-Terz besprochenen letzten WPP 12" (Genöhle nur wg. des Liveschnipsels, wo die WPPs mit Gimmicks, Effekten + Samples Spannung + Aufgeregtheit zu erzeugen suchen, anstatt sich mal über eine längere Strecke auf die Größe des Beats oder der Hookline zu verlassen; daß die das besser können, bitte diesen Monat vor Ort überprüfen --> Acid N.D. Termine).

Schiesser

Ich kann nicht behaupten, daß ich mir im Laden allzu oft Superstition 12inchs auf die Kopfhörer packe. Lieb's, Wuttke's, Frerichs-Kjonenberg's, Kid Paul's, Mijk v. Dijk's oder Lopez's Auffassungen von E-Muzik sind mir meist genauso fremd wie die gleichgeschalteten F-B-HH-Hardtrance-Höhlen oder -Raves, Abspielstätten, der mir bekannten tracks. Nun bereitet Tobias Lampe ja alljährlich eine best of-CD-Zusammenfassung der letzten Vinyl-releases auf, an der man seine Pauschalitäten überprüfen oder auch korrigieren kann: the so+ of Superstition Records vol. 3 (Superstition/ Urban) startet wie befürchtet, läßt dann aber auf einen Giannelli, einen etwas hüftsteifen Kid Paul-Acid, den Garnier sicher nicht von der Bettkante stoßen würde, folgen, danach ein majestätisch dahintreibendes Gespräch zwischen David Christophere + Humate, ein schlechter-übergang-DJ-Entschuldungsstück, einen der neueren ziemlich guten minimalistischern Bug-Stampfer, einen Marmion-Giannellimix + einen coolen Triphop von Humate. Tat ja gar nicht weh...

The Spacefrogs ist zu Superstition das, was Mille Plateaux zu Force Inc. ist. Also hier "Musik ohne Tanzdruck" + natürlich auch ohne überbau (den hat Superstition ja auch nicht). The Spacefrog Volume 1 (Spacefrogs/Efa) bietet einen 150minütigen Einblick in das, was da noch kommen wird. Neben von Superstition bekannten Namen auch Jonah Sharpe (Reflective), Carl Marks + Mark Gage (+8) oder Marco Repeto (u.a. Rephlex). Ohne Tanzdruck bedeutet hier eher: unter 144 bpm, denn auf eine mittlere Warp-Geschwindigkeit, Spacedubs oder Triphops einigen sich doch fast alle auf der schönen ersten CD. Die zweite ist dann einiges näher an Superstition dran, Tanzdruck satt, aber trotz aller frames, Ambientflächen + überlagerungen ereichen die meisten tracks eine beim Mutterlabel eher seltene H-Frische, Transparenz + Leichtigkeit. Womit sich den Acts neue Positionen + sicher Rezeptions-Möglichkeiten außerhalb des gewohnten Superstition-Kontextes eröffnen werden. Weiter da.

Hennes & Mauritz

15 neue Dubs von Centry, die bisher nur als Import oder als dubplates greifbar waren. Musik, die alles hat von der Bibel bis zum bösen Buben: dubwise and conscious. Th+er Mountain - Centry in Dub (Univeral Egg/Efa) aus der "Zion Train Vital Dub Selection" präsentiert sich überraschend moderat + zurückhaltend, was den Dub sprengende Elemente (soweit das überhaupt noch möglich ist) betrifft; nur leise unter der Oberfläche brizzeln + knistern feinste Veränderungen.

Lead with the Bass (Universal Egg/Efa) klebt wie nichts am aktuellen Dancefloor. Auf der "Hardcore Dub Compilation" fahren die So+systems IRATION STEPPERS, BUSH CHEMISTS, DISCIPLES, POWER STEPPERS + ISRAELITES zwischen 10 (Vinyl) + 16 explosive tracks - immer Original plus einen noch fetteren Remix. This record is a trip. Generös nervende Kaskaden prasseln auf fetteste Blei-Bässe (1253 Tonnen laut Cover). Sleep??! Jagt jeden Chill-Out-Room in die Luft.

Pay it all Back, mittlerweile schon ein Klassiker unter den Label-Compilations, meldet sich mit Volume Five zurück. Wie immer freshe, ungehörte oder auf-gemischte On-U-Ware von allen alten (WIMBISH, STEWARD, SYNDICATE, SHERMAN,...), mittelalten (STRANGE PARCELS, LITTLE ANNIE, AUDIO ACTIVE,...) Bekannten + drei neuen Projekten: die bisher nur als Backro+sängerinnen in Erscheinung getretenen AKABU, TWO BADCARD, ein Jam zwischen Bubblers + Adrian Sherwood, sowie Skip McDonalds Soloprojekt LITTLE AXE. Schönheit in Dub, Mix-Exzesse + Britwave-Krawalle (On-U/ Efa).

Btw. produziert Adrian Sherwood das neue Billy Idol Album. 4 1995

 


ACID N.D. meldet sich aus dem Kranken-House. Mit kleinen operativen Engriffen, irreführenden Sehnen und ganz kniffligen Schnitten.

"Housefrau"

Chicago. Immer wieder role-model in Sachen new House-Sounds. Unbedingt die neuen releases von Cajual-Records (Achtung! Labelchef Cajmere tourt zur Zeit Europa!) checken - funkigster Disko-Stuff - und ebenso Dance Mania, die zwischen billigsten Blödheiten, Supertrash und phettesten Grooves alles haben.

Hamburg, aus Urbanitäts-und Städtebaulicher Sicht ja schon mal gerne mit Chicago verglichen. Und ein klein bißchen auch wegen der House-Scene: Dlugosch (naja vielleicht doch eher Mr. Garage) beispielsweise oder das von Monat zu Monat wachsende Ladomat 2000. Deutschlands meistes Houselabel dieses mal mit vier tollen, frischen Releases. Zum einen nach Jörn Wuttkes "Sensorama" jetzt also der andere Teil von Acid Jesus, Roman Flügel, mit einem Projekt auf Ladomat. Als roman iv spielt auch er schönste deepe Housemusik. Warum er das Ganze hart-trancig "Altes Testament" (Playhouse/ Ladomat 2008/ PP) benennt, wissen nur die Götter.

Die, die gewöhnlich noch unsichtbarer sind, als die ganzen Electro-Acts, die, die vielleicht gerade mal in den Credits auftauchen, und doch erst die Hardware bereitstellten, Benutzeroberflächen formatierten und Kanäle und Strukturen, hier Charlotte Goltermann, die zwischen den knarzigen Gitarren und komischen Geräuschen bei L'age D'or die House-Ecke einrichtete, dann Ladomat gründete, Vinyl zurückholte und jetzt motor tunet, Markus Wegener, der Mann von Public Propaganda, die neben Promotionarbeit als PP-Sales Forces die 12"s in die Läden bringen, Carol von Rautenkranz, auch von L'age d'or und hinter den Reglern im Soundgarten-Studio, mischen zusammen mit Milch's Ralf Zimmermann Bandreste, also das, was abfällt, petit a, hier a wie Aldi, zum House. Netto (Ladomat 2010/ PP) fängt Gabba mit deepen Flächen ab und endet perkussiv in tribalistischem Minimalismus. Haben Spaß dabei und meinen sich dafür entschuldigen zu müssen: "Keine Angst, nur in limitierter Auflage" Abgesehen davon, daß 12inchs ja von house aus den Markt nicht schwemmen, die Frage: - but why?!! Vielleicht billig, garantiert aber attraktiv und preiswert!

Um bei Charlotte zu bleiben, nach dem Regierungsstück jetzt eine ganze "EP for Charlotte" (Ladomat 2009/ PP) von drunken sailor Andre Schmid. Allerfeinste Zutaten, aus denen ein Damon Wild sicher eine bedrohlich ins Innere des Raums dringende Acid-Kaskade gemischt hätte. Schmid dagegen packt Polaroids von Ph(F,PF,...)uture in sein Fotoalbum und weiß, daß Aspartame vielleicht wie Zucker schmeckt, aber eben auch nicht phett macht.

Zum Schluß zwei neue Abenteuer der Whirlpool productions: Ihr Zwölftonner hat sich bis über beide Achsen vollends im Sand festgefahren. Zu Fuß machen sich die Boys auf, der sengenden Hitze zu entkommen. Hans hat Durst, Justus halluziniert: "Punika Oase!" Erik träufelt ihm den letzten Tropfen Flying Horse auf die Lippen. Derweil versuchen ganze Legionen von tanzenden Ameisen den Truck wegzuschleppen... In der anderen Geschichte suchen sie den Pyrolator, der sich auf irgendeinem Bauernhof versteckt hält. In Charles Wilps lustig schaukelnder Rakete düsen die drei um die Erde und landen schließlich in Brasilien... (Ladomat 2011/ PP)

"Glad to be gay"

Amsterdam. Liegt inmitten des Dreiecks Paris, Mailand und Chicago. Und hat natürlich mehr in der Birne als das weit entfernte Rotterdam, wo glatzköpfige Kids zum Gabba-Sound sich die Fäuste auf die Stirn prügeln (Altpunk Jungrockisten Männermythen galore). Urban sound of amsterdam #2 (USA/ N.E.W.S./ TIS) macht mit Neo-Vogueing, Post-Italo-House und deepen Disco-Soul-Stompern, die auch nicht vor Munich halt machen, jedeN glücklich. Ramrod galore! Wer denkt denn da noch an Gras? Poppers, E und Schnee. Da helfen alle Niederländischen Housepartyverbote nichts: wartet nur, wenn die Keller wieder leergepumpt und der Plüsch gereinigt ist.

Gibts in London eigentlich noch richtig tolle House-Clubs? redhousers chapter 0ne (Indochina/TIS) verspricht Pitchers, Leftfielders und Flipsiders. Und macht es einem ganz schön schwer, das Album am Stück durchzuhören: das den Briten verinnerlichte Schielen Richtung Charts (klar sind die besser als hier) fährt abwechselnd Happysound und Moll-Teppiche auf, klingt dann immer noch wie End80er GeeStreet/EG oder NuGroove. Neben dem Haufen von deepen tracks - mal eher ZYX mal eher Strictly (z.B. JAZMINA - von Masters At Work veredelt) - stechen fünf Stücke hervor: HOODOO - ein Ford T Ding zwischen Hooligan-Limmerick, DanceMania, Van Helden, Czuckay und...ähem... Shock Wave; ARC IN THE SKY - ein schleifendes Acid Teil, das dann gegen Ende etwas abschmiert; CHROME SEDUCTION und RHIZOME (!) - Acid-Disco tracks, die sich ein bißchen zu weit Richtung Hardtrance vorwagen (oder Doom-S-Express) und MONICA DeLUXE - kickender 85er Oldschoolhouse mit Samples und hooklines, die ich eigentlich längst für verboten hielt.

"Buschmannfrauen"

UK. Weiter im Land der Westwood Regenmäntel und Paul Smith Socken. omni trio mischt seine tollen 12" für Moving Shadow auf "The deepest cut vol.1" (Moving Shadow/ e-motion) nochmal ab; tut vier neue tracks dazu, packt wunderschöne Flächen drauf, gibt dem Breakbeat schonmal die 4-2-the-floor Bassdrum bei und vorallem Soul Soul Soul (auch statt Ragga); wagt die große Geste - wie frühe ABC, mittlere Talk Talk oder die erste Massive; liebt auch die britische Molltonleiter, zeigt Intelligenz und sagt den Crossover zu Indie-Rock-HörerInnen ab; nimmt stattdessen die Fährte straight to the House auf (- den Schritt müssen die Lederjacken erst mal machen incl. style, politics, sex, etc.), ohne dabei happy hardcore sein zu müssen: einfach nur in Schönheit tanzen.

(Kleine Ergänzung zu den she-DJs in the jungle: hallo Dagmar, sorry, hatte Dich noch zu sehr als Raggamuffin- und HipHop-Murdarin im Kopf.)

"Ratzefummel"

Bergisch-Gladbach. Rob Acid hat Feierabend. Schließt die schwere Tür zu seinem kleinen Studio, zieht den großen Schlüssel ab und die Schlafmütz auf. Steigt die Stufen hinauf ins Wohngemach, setzt sich in den Ohrensessel und dößt vor seinem alten Schwarz-Weiß-Fernseher über dem Sendeschlußrauschen ein. Träumt sich mit Bashos Versen entlang seiner "Psychadelischen Erfahrungen" (Info) ins Wolkenkuckucksland und erwacht dort - zu neuer "Psychadelischer Sicht" (auch Info) gekommen - als dicabor (Space Teddy/ Efa). Riecht vielleicht nach Esoterik und Klaus Schulze, klingt aber nach atom heart und Brian Eno. Und wisse: Ambient öffnet einen Raum, in dem Dinge passieren, und verherrlicht nicht ein a-soziales ausschließlich sich selbst referierendes Subjekt.

Bänder-Riß in Zeiten der Digitalität.

Next month hopefully etwas weniger chaotisch und Grips statt Gips. 03 1995

 


No Winterschlaf. Darstellende Geometrie mit Acid N.D.

"Ich habe alle analogen Synthies aus meinem Studio verbannt. Ich habe mich schon lange mehr für Digitales interessiert." (Atom Heart in Frontpage 4.03) Eins oder Null - und alles dazwischen: Geile Welt der Digitalität. Textuelle Sichtbarkeiten letzten Monat*. Im Februar wieder analoge Syntaktik.

"Ich hätte am liebsten alles in 19 Zoll, Waschmaschine, Kühlschrank, Fernseher." (Atom Heart, ebd.)

Dagegen: "I'm a huge analog synthesizer fan." Fred Gianelli crossovert von Psychic TV zu Plus 8. Was auf der musikalischen Ebene ja noch nachvollziehbar ist - PTV tummelten sich ja schon damals in GB im Acid-Bad- mutet auf der spirituellen dann doch irgendwie seltsam an. Von Sex-Magick und Hard-Edge scheinen Hawtin, Bell et al. soweit entfernt wie eben auch San Francisco von Detroit. Vielleicht wie Gianelli die Funktion des "modular panel" in seinem Bostoner Studio erklärt: "You can interface anything into anything else." Oder so. Die Compilation telepathic wisdom vol.1 (Telepathic/ Superstition, e-motion) von Gianelli's intelli(gent)net(work)-Label "Telepathic" vereinigt ausgewählte, längst vergriffenene 12inchs der letzten 5 Jahre. Außer einmal Unterstützung von Vapourspace und einmal von Mark Robson, alles 100% Gianelli und jeder track mindestens 63% Acid. Die restlichen 37 % bestimmt ein Blick in die Thanksliste: von John Aquaviva, Reflective und Saihko über Timothy Leary, PTV und Monte Cazazza bis Tobias Lampe, NovaMute, DJAX und Laurent Garnier. Also (jetzt gemischt) mal eher House, mal eher Ambient, mal harter Detroit-stuff, einige gut erträgliche Trance-Anteile und - trotz teilweise rauher Sperrigkeit - eine "Shot in the dark" vergleichbare Popness.

"Soldat sein" (Workshop)

Fett! Die Terz-Poll-Winner Workshop auf Vinyl! Die DJ-Edition of TALENT (Lado/EWM/P.P. Sales Forces) versammelt einerseits 6 auserwählte Miniaturen vom CD-Originalalbum, andererseits bauen die Whirlpool-Boys ein House aus den Knochen von Scham und I wish I had you: zwei fette Flurstampfer, wo Discomix-eins die Rhythmik von Scham weiterträgt, die chillende Harmonik drüberlegt und einen ziemlich N-N-N-Nervousen track rausmischt; Discomix-zwei zieht die Wendungen und Stimmungswechsel von I wish I had you nach und pumpt sie mit fettem Bass und schlitternden Soundkaskaden. Pflichtkauf Januar (ff) - am Besten Platte zweimal besorgen, Eric D. Clark studieren und danach versuchen, Stücke 1 bis 8 ad ultimo zu mixen. 02 1995

 


RAVEN GEGEN V1ERUNDNEUNZ1G (Petarden, Böller, Kan0nenschläge) phett 1ns neue Jahr m1t Ac1d N.D. (1=F; 0=95)

 

P5: "baby machiwa itsumo parade"
Gianna Nannini: "baby, the town is always parading"
Godard: "I'm a cliché" (Greil Marcus)
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Mel0d1e 1st das Feldgeschre1 der D1lettanten, und gew1ß, e1ne Mus1k 0hne Mel0d1e 1st gar ke1ne. Verstehe aber w0hl, was jene darunter me1nen: e1ne le1cht faßl1che, rhythm1sch gefäll1ge g1lt 1hnen alle1n dafür. (R0b H00d)

Electr0-Muz1k. D1e Ze1ten, als jeder Entwurf den v0rhergehenden t0tschlagen mußte, s1nd lange vergessen. Heute he1ßt es, d1e e1genen Ansätze aufspl1ttern, d1verg1eren, 1nvert1eren und 1mmer w1eder h1nterfragen. Das das d0ch n1cht zu Spez1al1st1nnen- und Mukkertum führen muß, belegt der Ausst0ß an gr0ßen Platten Tag für Tag, tausend Plateaus und jedes e1nzelne e1n Rh1z0m für s1ch. Tausend Stars, aber d1e tummeln s1ch 1m Fand0m und werden über 1hre Arbe1t 1n und für d1e Szene def1n1ert. Respect, auch wenn der S0ckel mal bröckelt; und daß DJ P1erre tr0tzdem e1n Gr0ßer 1st, auch wenn er 1n der R0ten L1ebe nur Sen10ren-H0use gab und Ram1n 1hn parallel 1m kle1nen Club l0cker aussp1elte. 0der: 1rgendw0h1n. Neujahrsdr1nks

"G1n T0n1c" (Claus Fött1nger)

Neujahrsparty 1m AStA-Raum. Als Schüler am C0nservat0r1um 1n Sussex über das Stud1um der E(lektr0n1schen)-Mus1k des 20. Jhds. und Lötarbe1ten am M1schpult h1n zur Tanzfläche und d1e gle1ch w1eder dek0nstru1eren, Cr1st1an V0gel. 1n Ch1le geb0ren lebt er heute 1n Br1ght0n, se1t sechs Jahren Tapeakt1v1st, 93 auf Magnet1c N0rth d1e erste 12". Jetzt se1n D0ppelalbum auf M1lle Plateaux, dem jüngsten Spr0ß aus der s0 w1cht1gen F0rce 1nc. - Fam1l1e (-d1e me1nte 1ch nat. letzte W0che n1cht m1t "ke1ne guten Platten aus FfaM", aber das war ja -glaube 1ch- auch klar), der dem exper1mentellen Ausl0ten der Grenzen v0n E-Muz1k verschr1eben 1st. Und das 1st natürl1ch V0gels D1ng. Exper1ment, Rand0m, L1ve-E1nsp1elen und gle1chze1t1g K0mp0s1t10nstechn1ken anwenden, w1e das C0ver, das e1n "by acc1dent" entstandenes 1mage v0n S1 Begg (m1t dem V0gel als "1nev1table techn0l0gy" l1ve perf0rmt) farbl1ch verändert, verzerrt, w1e 1n e1ne Mandelbr0t-C0astl1ne re1nz00mt, um es dann 1n L1n1en 0der D1agramme zu packen. D1e tracks machen hörbar, w0v0n d1e T1tel sprechen: D1stanz, Abstände und Entfernungen. Und v0n den Feldern dazw1schen. Space between Stars 1st auch der Platz zw1schen zwe1 Beats; "Beg1nn1ng t0 understand" (M1lle Plateaux, EFA), selbst wenn sche1nbar ke1ne Ze1t mehr ble1bt b1s zur 00:00, paßt V0gel da n0ch l0cker e1ne structure als Nullf0lge e1n, d1e mehr als nur s0 tut, als hätte s1e alle Ze1t der Welt. Für alle Mus1khörer1nnen und d1e, d1e es werden w0llen, essent1ell; und für mut1ge Cluber1nnen.

Glücksschwe1nchen. Kenny Lark1n m1t "Catat0n1c" (R&S/RTD) w1eder 1n t0ugher, fr1scher Detr01tf0rm, nachdem er M1tte N0vember versehentl1ch 1n e1nen Sh00t0ut geraten war. Genesungswünsche 1n F0rm v0n gew0hnt guten Rem1xen überbr1ngen Stacey Pullen und Carl Cra1g, der h1nter den Reglern e1nfach Klassen besser 1st, als als Wanderp0kal auf jedem Sch1eßbudenrave.

Karpfen. Jahrgang '71 und d1ck 1m Geschäft: Armand0. Neben Labelarbe1t, Pr0m0t10n, Pr0duct10n, Rem1xen und DJay1ng schme1ßt er s0 nebenbe1 regelmäß1g funky tracks auf den Markt. Auf dem neuesten Wurf "Darks1de E.P." (Rad1kal Fear/P1AS) 1st natürl1ch ke1n Dark s0ndern v1ermal fettester H0use dav0n zwe1 Stücke etwas härter knatternd.

"Margar1ta" (Gebrüder harb)

Ble1g1eßen. Den1s: "1'm 24 years 0ld." Dam0n: "Yes, England's c00l." (aus Atm0sphere #17) Dam0n W1ld hat e1ne w0hl eher unrühml1che Trennung v0n dem Label "Exper1mental" h1nter s1ch, d1e aber s0 schmerzhaft n1cht se1n kann, da er m1t dem New Y0rker "Synewave" und M1ll1ngt0ns w1cht1gem "New Electr0n1ca" mehr als nur Ersatz gefunden hat. Geme1nsam m1t Denn1s Ferrer f1rm1ert er jetzt als0 als M0rph. Das Album "St0rmwatch" (NE-Beechw00d, RTD) führt we1ter, was d1e gle1chnam1ge 12" versprach und läßt W1lds n1cht ganz s0 t0llen letzten Platten für EXper1mental l0cker vergessen. W1ld und Ferrer drehen an den 0sz1llat0ren und Envel0pe-Reglern, was das Zeug hält, und das he1ßt Ac1d v0n bretthartem Thunder, Baby! zu ruh1geren Stücken, d1e 1mmer n0ch l0cker v0rwärtspumpen, und zurück.

T1schfeuerwerk. Sens0rama sprechen v0n Werkzeugen, "anal0ge(n) Reakt10nen" und v0m "tr0ckene(n) Stück Brett" und nennen das Ergebn1s dann "Nagelbrett" (12" Lad0mat/Publ1c Pr0paganda). Wer jetzt an Gabba denkt, l1egt falsch w1e nur s0nst was. Das h1er 1st näml1ch deepste H-Muz1k, um mal m1t K0nstanzer Zunge zu sprechen. 0der auch d1e phetteste und 1nternat10nalste Lad0mat-Pr0dukt10n b1s dat0. Echte Herzensbrecher! Y0, H0usenat10n!

Wunderkerze. Dr0me macht auf der EP "the f1nal c0rp0rate REM1X 0f the unc0nsc10us" (W1gwam) auch v0r K1tsch und Trance n1cht halt und kr1egt gerade n0ch s0 eben d1e Kurve v0r dem Abgrund New Age. Ausschne1den: #4 m1t dem wundersam retard1erenden Bass. V0nwegen "...E1nb1ndung neuralg1sch w1rksamer S0undpart1kel", da empfehle 1ch d0ch gerne Ettl1ngers "Med1kament" (wurde 1n der TERZ 1rgendw1e vergessen zu besprechen).

"Car1b1an Daydream" (D1eter Krebs)

Champagner. And1 Weatherhall 1st genervt. Der Mann, der e1nst den Br1tp0p zu Gr00ve und Ravek0mpab1l1tät m1xte, f1ndet ke1ne E-Mus1k mehr, d1e se1ne Be1ne flattern (als Raver) 0der se1ne Hände fl1egen (als DJ) läßt. Dann eben selbermachen. M1t dem Sabres 0f Parad1se Album "Haunted Dancehall" (Warp/RTD) jetzt Weatherhalls, Burns und K00ners neuester Versuch, Abh1lfe zu schaffen. Dabe1 geht d1e Ablehnung der Dance-Culture s0we1t, daß s1e das häßl1chste Warp-C0ver ever v0rlegen, ke1ne Des1gners Republ1c eher der Hauslay0uter v0n Att1la the St0ckbr0ker. "Haunted Dancehall" 1st genaus0 wen1g verwunschene D1sk0 w1e "Haunted H0use 0f R0ck" H0use (0der R0ck) war, s0ndern e1n Text v0n James W00db0urne, der d1e e1nzelnen Stücke zusammenhält, d1e d1e Gesch1chte schönen Ne0dubs we1terschre1ben, d1e alle l1eben werden, d1e w1e DJ Sp0rt 1hre 45"er Jungle Platten auf 33" laufen lassen, um s1e dann n0ch we1ter runterzup1tchen, und d1e dazu n0ch e1n smartes Cr0ss0ver v0n Art1f1c1al 1ntell1gence R1chtung Br1tp0p h1nkr1egt.

Sektk0rken. Endl1ch w1eder be1 uns: LF0 . D1e machen Schluß m1t der langen Ze1t des (h0ffentl1ch) Nachdenkens und z1ehen d1e m1t 1hrem ze1tl0sen "Frequenc1es"-Album ausgelegten Spuren auf sechsmal "T1ed Up" (Warp/RTD) w1eder zusammen- als0 n1x m1t den 1n der S0mmer-H0use-Attack angedr0hten akust1schen G1tarren und H1pH0pBeats: e1nmal d1e bekannte P0stkraftwerk-Eklektr1z1tät, zwe1 abs0lute Fl00rk1ller m1t bösesten R1ch1e-Hawt1ns-F1ltern, e1ne Ac1df1ngerübung und e1ne S0undkaskade, d1e e1nem d1e Schläfen zum Platzen br1ngt. Muß+Haben.

Neujahrswecken. "System1sch" (M1lle Plateaux/EFA): 0val bauen 1hre tracks aus dem e1nz1gen V0rte1l, den d1e CD b1etet, daß s1e näml1ch ab und zu hängen ble1bt, v0r und zurück spr1ngt. The p0l1t1cs 0f d1g1tal aud10. D1e v0n der Unterhaltungs1ndustr1e zum Untenhalten bere1tgestellten Geräte zweckentfremdet nutzen. K0ntr0ll1eren. P0st-P0st. Und da 0val sch0nmal s0we1t s1nd m1t der Der0mant1s1erung, lassen s1e d1e auf W0hnt0n n0ch benöt1gten Texte weg, reduz1eren dam1t den Unterhaltungsp0pfakt0r drast1sch, be1 gle1chze1t1gem Erhalt v0n Schönhe1t und S1nnl1chke1t. Text muß mehr se1n als lesbar und natürl1ch 1st 1nstrumental-Mus1k p0l1t1scher. T0nreg1e he1ßt dann auch 100% D1g1tal1tät als V1nyl pressen; Catchy DAAD, wenn A1R 1hre K0ffer 1n Berl1n abstellen können 0der Terz-Aut0r Lars Bayer 1n USA se1ne Afr0amer1can Stud1es vert1efen; und Gabba-Nat10n w1e V0gel auch d1eser M1lle Plateaux Release als 303-(x0x-909)-fre1e Z0ne. D1e Platte, d1e e1nem über den W1nter h1lft. D1e Platte zur Med1at10n. W1cht1g.

"Altb1er" (Hagen F0cke)

We1hnachtsgeschenketauschen. Bas1c Grav1ty s1nd Jörn Wuttke und Kay Praag, jewe1ls unter anderem auch als/m1t Ac1d Jesus, Rebel Y0uth, Warp 69 0der Sens0rama (s.0.) bekannt, Arbe1ten für R+S, Lad0mat aber auch für Harth0use. W0 "Rajah" auch ganz gut h1n gepaßt hätte 0der jetzt d1e "Rajah"-Rem1xe (Superst1t10n): zwe1mal v0r Path0s tr1efender Schm0ck, nur e1nmal "ser10us" nüchtern v0rwärtsk1ckend.

Knallfr0sch. ähnl1ches g1lt für 6aM-Club-fame Sven D0hse als Greenman und se1ne "Greenman E.P." (Superst1t10n, e-m0t10n): v1er Tracks v0n und für Trance-Susen. W0be1 "Tears", das m1t e1nem "C0me" (ja, d1e 1ndustr1alband) -Basslauf startet, und "Dr0ps" s1ch n0ch als ganz brauchbar erwe1sen zum M1schen zw1schen Ac1dtracks.

R1esenpfe1ff0ntäne. K0mmen w1r zu bedeutenderem: Laurent Garn1er und se1n Album "Sh0t 1n the Dark". 0kay, zwe1 M0nate zu spät, aber das ganze Gehype um M0ns1eur "Ac1d-E1ffel" l1eß e1nfach das Schl1mmste befürchten. Und s0 brennend 1nteressant fand 1ch se1ne b1sher1gen Releases - b1s auf erwähntes Frag1le-V1nyl - natürl1ch be1 allem W1ssen um d1e W1cht1gke1t Garn1ers (Hac1enda, tausend Clubs + Raves, aber v0r allem) für d1e ... seltsame Par1ser H0use-Szene auch n1cht. Waren m1r 1mmer etwas zu sphär1sch. Gut, nun d0ch n0ch re1ngehört, glückl1cherwe1se - denn das Album hat sch0n Klasse. D1e schwebenden S0unds, d1e er auch h1er überall drauf gepackt hat, geben den tracks e1ne sehr le1chte, p0p1ge Atm0sphäre und halten d1e untersch1edl1chen Entwürfe v0n, was man alles m1t Ac1d machen kann, zusammen. Und das re1cht v0n r0ughem Plus 8 b1s zu schönstem Amb1ent. C0ncratulat10ns zum gelungenen Spagat zw1schen Charts und Undergr0und.

"M1nt Tul1p" (Z1ppy the P1nhead)

Was macht d1eser junge Mann falsch? M-Beat steht 1m Jungle Jungle Jungle. Se1t er 16 1st 1m Eastend L0nd0ns v0n Anfang an m1t dabe1. Jetzt m1t 19 nach dem Chart-Smash m1t General Levy und "1ncred1ble" veröffentl1cht er se1n Debut-Album (ja, Album, ke1ne 12"- 0der Label-C0mp1lat10n) "W1cked Album" (Renk/EFA), darauf pr0grammat1sche T1tel w1e "Rumble", "B00yaka", "Style" 0der "Dark Magnet". M-Beats Style 1st aber v0n Dark s0we1t entfernt w1e v0n Drum+Bass. 1n se1nen tracks z0llt er eher Shut Up And Dance und deepem Jungle respect und beschre1bt n0chmal wunderschön den übergang v0n Raggamuff1n h1n zu Jungle .

(Auflösung der E1ngangsfrage: er packt zw1schen se1ne Stücke Nazlyns unsägl1che C0ververs10n v0n An1ta Bakers gr0ßem "Sweet L0ve" - was General Levy be1m Summerjam 1n W1ldenrath durch 0vert0ast1ng, Abbrechen + Neuansetzen zu nehmen wußte - h1er dezent unterlegt m1t e1nem Breakbeat, dermassen besch1ssener Ma1nstream, da fehlen m1r echt andere W0rte.) 01 1995

 


SHINY GNOMES mc creatrix (Our Choice/RTD)

Von Jungfrauen, Müttern und alten Vetteln. Schlagzeug und Futz. Stammestreffen im Wald mit Amon Düül II: "Vive la Trance"(ADII, 1973) und Camille Paglia: die Frau ist sanft und sinnlich, Mutter der Zeremonie und Schöpferin. Bereiche, wo die Grenze zwischen Gut und Böse zerfließt. Ich hoffe auf Remixe, die Ambient-Blubber, Geigen und Bongos herausfiltern und vielleicht zu sowas wie Mouse on la Lune führen. Kann Trance menschenfreundlich sein? ACID N.D. 10 2004

 


MILCH Bügelbretter Housefrau Remix EP (Ladomat 2002 L'age d'or/Spezialversand)

Pumpen! Für das neue Waschmaschinenformat erfindet L'age d'Or sich das Vinyl neu. Nach der eher noch unbeholfenen BUNGALOW Maxi, Standgas zu hoch eingestellt und plötzlich ging auf der überholspur das Benzin aus, jetzt die Hamburgbajuwarischen Popgötter MILCH. "Housefrau" ist dabei keine 500-Hitsingle-Auskoppelung sondern das "file under..."-Etikett. Die 5 Remixe markieren den state of groove, zu dem sich die zwei Milchmänner zu bewegen pflegen: das Sound of Munich-Original verschwindet hinter handclaps, strikten Rhythmen, Streichern und dem 909. Für zuhause die CD-Versionen, die 12" ab sofort in Deinem Beat-Club. Vergiß irgendetwas, gib Gas und krieg die Kurven. N.D. 05 1994

 


alle erschienen in Terz, Stattzeitung Düsseldorf 1994-1995

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